INCA - Internationales Café Peine

Nachricht 03. Dezember 2019

Diakonin Caroline Gärtner

In der Arbeit von Diakon*innen werden immer auch aktuelle und dringliche Situationen aufgenommen. Diakonin Caroline Gärtner hat gemeinsam mit anderen das Internationale Café Peine in einer Zeit aufgebaut, als die Zahl der Geflüchteten anwuchs.

Dede: Sie sind Diakonin in Peine und haben dort das Internationale Café aufgebaut. Was muss man sich darunter vorstellen?

Gärtner: Jeden Freitag von 15:00 – 17:30 Uhr wird seit Juni 2015 die einladende Botschaft Jesu in Form von einer „offenen Tür für alle“ gefeiert und im Schnitt wöchentlich von 100 Menschen angenommen. Das INCA ist eine Brutstätte der Möglichkeiten. Manche Wege entstehen beim Gehen, so war es auch bei dem Angebot INCA. Als erstes wurde das Internationale Café eröffnet und findet seit vier Jahren in den Räumlichkeiten der Friedenskirchengemeinde in Peine statt. Im Sommer im Garten und im Winter direkt im Gemeindehaus. Bei Kaffee, Kuchen, Spiel und Spaß für die Kleinen und vielen Gesprächsmöglichkeiten für die Großen darf sich jeder wohl fühlen und ist „Herzlich Willkommen“. Primär ging es 2015 darum, niedrigschwellig Räume zu schaffen in denen man sich begegnen kann. Bewusst in unsere Mitte werden Menschen mit Migrationshintergrund genommen. Weitere Angebote sind mit den Erfahrungen, Bedürfnissen und Wünschen dazugekommen.
Seit Sommer 2018 ist das INCA ein Kooperationsangebot zwischen dem Ev.-luth. Kirchenkreis in Peine, dem Diakonischen Werk und der Friedenskirchengemeinde. Es wurde eine halbe Stelle für die Leitung des INCA‘s bereitgestellt, die seit Sommer 2018 besetzt ist und ich habe nach der Übergabe die Leitung abgegeben.

Dede: Da ist ja viel auf den Weg gebracht worden. Was genau ist Ihre Rolle als Diakonin und arbeiten Sie mit anderen zusammen?

Gärtner: Die Idee ist 2015 aus der Gemeinschaft entstanden, allen voran der großartigen hauptamtlichen Unterstützung von Diakonin Gudrun Zimmermann und Janette Zimmermann. Die Ehrenamtlichen vor Ort waren engagiert und bereit, viel Zeit, Herz und Arbeit in das Angebot für ihre Nächsten zu stecken. Somit war ich diejenige, die es leitete und konnte mich dank der Gemeinschaft und des tollen Netzwerkes vor Ort, über die Kirchenkreisgrenzen hinaus gut in die Rolle einfinden, sodass wir gemeinsam wachsen konnten. Auch der eigene Kirchenkreis, in Person u.a. Superintendent Dr. Volker Menke, war von Anfang an involviert und unterstützend in Tat und Wort dabei. Ich habe vor allem in der Anfangszeit viel telefoniert. Das HkD, die Diakonie in Niedersachsen, das Landesjugendpfarramt, die Peiner Tafel, der Paritätische Dienst, der Landkreis in Peine, familien für familie e.V., Rewe in Peine, die Stadt Peine, Kirchengemeinden in Peine, der CVJM, friendship force, unter anderen, denn wahrscheinlich habe ich hier einige vergessen, und natürlich mit den vielen engagierten Ehrenamtlichen habe ich zusammengearbeitet.

Dede: Das zeugt von viel Vernetzungsarbeit. Jetzt interessiert mich, wie die Zusammenarbeit im Team funktioniert? Was muss passieren, damit das gut gelingt?

Gärtner: Was muss passieren, dass es gut gelingt? Darauf gibt es sicherlich keine Pauschalantwort.
Wir Diakon*innen werden gut ausgebildet und sind in der Lage Bedürfnisse zu erkennen und passende Angebote, Räume zu entwickeln und zu gestalten, wenn wir die Möglichkeit bekommen. Beim INCA konnte ich einiges an theoretischem Wissen aus dem Studium einfließen und konkret werden lassen, angefangen bei einer Arbeitsfeldanalyse bis hin zu pädagogischen Angeboten für gruppendynamische Prozesse. Wenn wir vom ehrenamtlichen Team sprechen, habe ich als Diakonin die Möglichkeit auf Situationen adäquat zu reagieren.
So haben wir beim INCA ein Reflexionsangebot für alle Ehrenamtlichen entwickelt, die „INCA Quatschecke“. Hier wird sich einmal im Monat getroffen und Dinge aus der Vergangenheit besprochen und mögliche Ideen gesponnen und geplant. Das ist notwendig und ein elementares Instrument im Bereich Ehrenamtskoordination. Beziehungen sind auch beim INCA die Basis, Menschen sollten sich wohlfühlen können, und bei all ihrer Unterschiedlichkeit kann das eben jeder anders empfinden. Darüber muss und darf gesprochen werden, damit reagiert werden kann.

Dede: Nun zum Angebot von INCA: was sind die Ziele der Arbeit? Sind Ihre Ziele auch die Ziele der Menschen, die Ihr Angebot in Anspruch nehmen?

Gärtner: Wie eingangs erwähnt, manche Wege entstehen beim Gehen und so auch die Wandelbarkeit der Ziele. 2015 war ein Ziel für mich als Diakonin im Ev. luth. Kirchenkreisjugenddienst in Peine Jugendlichen mit ihrem Wunsch, ein Angebot für „Geflüchtete“ zu schaffen zu unterstützen. Die Jugendlichen waren super und einfach mega engagiert und wir merkten schnell beim „gehen“ dass es so viele „Kreuzungen“ auf diesem Weg gibt. Wir haben den Weg breiter gemacht und auch erwachsene Ehrenamtliche bei dem Angebot eingeladen, somit ist es stetig gewachsen, zielgruppenübergreifend. Als Diakonin im „Jugenddienst“, ist die eigentliche Zielgruppe von mir klar definiert. ABER wenn man auf einem Weg ist, der vielen viel Freude bereitet und man merkt „da passiert gerade was“ und wir sind am Zahn der Zeit, denke ich nicht, dass Jesus gesagt hätte „das läuft hier zwar alles sehr gut und auch in einem barmherzigen Rahmen, jedoch möchte ich mich auf eine Zielgruppe reduzieren“. Daher sind unsere Ziele fast „grenzenlos“ gewachsen und wir haben auf vielen Ebenen viel zugelassen, bewusst. Durch stetige Erhebungen haben wir immer wieder versucht, nah an den Bedürfnissen der Menschen, also Teilnehmer*innen und Ehrenamtlich*innen vom INCA zu sein. Wir haben immer wieder Wünsche in der Quatschecke gehört und nach Möglichkeit ausprobiert. So sind beispielsweise INCA auf Reisen (ein niedrigschwelliges Angebot für Familien in den Ferien), INCA lass es wachsen (Angebot für u.a. Konfis) oder INCA NähNe(t)t (ein Upcycling Angebot)  entstanden.

Dede: Das ist vielfältig. Wie merken Sie, dass die Ziele erreicht werden? Und vielleicht mögen Sie von Gelungenem berichten.

Gärtner: Es gibt bestimmt viele Möglichkeiten um seine Ziele zu überprüfen. Wenn Anträge gestellt werden, formuliert man Ziele und reflektiert diese bei der Abrechnung. Da ist die Vorgabe klar, aber ich weiß gar nicht so genau, wie wichtig es ist. Z.B. in gruppendynamischen Prozessen, jedes theoretisch formulierte Ziel 100 % zu erreichen, um das dann den messbaren Erfolg nennen zu können?Vielleicht ist es an manchen Stellen, beispielsweise bei der Ehrenamtskoordination, bei neuen Ideen, Projekten sinnvoll, sich miteinander auszuprobieren, ohne fertig formulierte Ziele dogmatisch zu verfolgen und miteinander entscheiden, wie was weitergehen kann und soll.Ich bin überzeugte Christin, überzeugte Diakonin und manchmal denke ich im Alltag, dass ich zu viel Zeit mit Organisatorischem, Abrechnungen, Anträgen, ja Verwaltungssachen „verdaddel“ und das eigentliche Ziel, also vor allem den „Dienst am Menschen“ vernachlässige.

Dede: Man muss sich anscheinend immer neu orientieren. Worauf muss man achten, wenn so ein Projekt gelingen soll?

Gärtner: Wann gelingen Projekte? Gute Frage, ich denke eine pauschale Antwort gibt es darauf nicht, denn jede Situation ist anders. Aber grundsätzlich würde ich sagen, wenn ich mit engagierten Menschen zusammenarbeite ist das schon ein „nährreicher Boden“, in dem das Projekt eingepflanzt ist. Das war bei vielen INCA Angeboten der Fall, dafür bin ich sehr dankbar.

Dede: Man muss sich anscheinend immer neu orientieren. Worauf muss man achten, wenn so ein Projekt gelingen soll?

Gärtner: Wann gelingen Projekte? Gute Frage, ich denke eine pauschale Antwort gibt es darauf nicht, denn jede Situation ist anders. Aber grundsätzlich würde ich sagen, wenn ich mit engagierten Menschen zusammenarbeite ist das schon ein „nährreicher Boden“, in dem das Projekt eingepflanzt ist. Das war bei vielen INCA Angeboten der Fall, dafür bin ich sehr dankbar.

Dede: Sie sind evangelische Diakonin. Die Menschen im Internationalen Café haben sicherlich auch andere religiöse Hintergründe. Was ist Ihre Mission? Und passt das mit den religiösen und kulturellen Vorstellungen der anderen zusammen?

Gärtner: Es ist nicht „meine Mission“, sondern unser Auftrag, auf unsere Nächsten zu achten. „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen (Matth. 25;35)“.
Wer ist mein Nächster? Wenn ich pädagogisch inklusiv arbeiten möchte bedeutet das eben auch, das Wort in eine Tat umzusetzen und als Diakonin habe ich das Glück, dies zu gestalten.
Wir singen regelmäßig „Wir wollen aufstehn‘, aufeinander zugehn‘, voneinander lernen, miteinander umzugehn‘.“ Gemeinsam neue Wege gehen, den Mut, das Wort in die Tat umsetzen zu wollen und zu können, das wünsche ich uns im Alltag.

Dede: Wie hat sich das Projekt in den vergangenen Jahren verändert?

Gärtner: Das kann ich gar nicht in aller Kürze wiedergeben. Durch jedes neue Angebot verändert sich das INCA, wird größer und ist mittlerweile der „Ev. Jugend entwachsen“, so dass die Kooperation ein Segen für das Angebot ist und nicht mehr am KKJD sondern personell am DW in Peine angebunden ist. Und mit einer tollen Hauptamtlichen, Jessy Feer, ist die INCA Leitung gut besetzt. Darüber hinaus, haben wir im KKJD eine Arbeitsgruppe im Konvent eingerichtet, die zurzeit noch „Schnittstelle KKJD/INCA“ heißt. Für mich als Diakonin hat sich viel verändert, denn ich habe die Leitung abgegeben, u.a. damit wir im KKJD, unser neues Konzept (verabschiedet im KKT Dez. 2017), umsetzen können.

Dede: Es gibt so viele Fragen. Zwei möchte ich Ihnen noch stellen. Zunächst: Wie sind Sie vernetzt?

Gärtner: Diese Frage hat mich vor allem im Studium sehr beschäftigt, weil viele gesagt haben „Kirche sei wie ein Dorf“. Ich komme vom Dorf und da kenne ich wirklich jeden, aber bei Kirche hatte ich während des Studiums das Gefühl, alle kennen sich und ich kenne keinen. Das hat sich mittlerweile etwas verbessert, Dank dem Verdener Frühling, der VKM, dem JAK Kurs, und auch Dank Dir liebe Kerstin, denn du warst immer erreichbar und konntest mir entweder die Frage beantworten oder hast mir einen Kontakt gegeben, der mir helfen konnte. Als großes „Pfund“ bei Kirche empfinde ich, dass ich in sämtlichen Belangen ein Gegenüber habe und alles erfragen kann. Das ist gut zu wissen. Daher, an alle Berufsanfänger: sprecht mutig alle an, ruft sie an, mailt sie an und Ihr werdet erhört. Tatsächlich entsteht ein Netzwerk nicht über Nacht, aber wenn ein Faden sitzt, dann sitzt er und darauf kann man gut aufbauen. Die Erfahrung habe ich bis jetzt gemacht.

Dede: Nun die letzte Frage: Wo kann man mehr erfahren und wie kann man Kontakt mit Ihnen aufnehmen?

Gärtner: Über sämtliche social media Kanäle, also instagramm (@inca und @ev.jugendpeine), facebook @inca und @ev.jugendpeine) und auf unserer Homepage: kkjd-peine.de sind alle Kontakte zu sehen und bitte bei Fragen einfach melden J Wir im KKJD haben die Möglichkeit, Berufspraktikanten, grundsätzlich Praktikanten und FSJ‘ler anzuleiten.

Dede: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Biographisches:
Caroline Gärtner ist seit Juni 2015 Diakonin im Ev. luth. Kirchenkreis Peine. Sie hat Religionspädagogik und Soziale Arbeit an der Hochschule Hannover, Fakultät 5, studiert und ihren BA Religionspädagogik und Diakonie im Jahr 2012 und BA Soziale Arbeit absolviert. Sie wurde 2015 als Diakonin eingesegnet.