Diakonin Barbara Denkers ist Seelsorgerin im Krankenhaus. Wie umfassend diese Aufgaben sind und mit welcher beruflichen Haltung diese Arbeit geleistet werden kann lesen Sie im folgenden Interview. (Stichworte: Seelsorge, Verkündigung, Flexibilität, Multiprofessionelle Teams)
Dede: Sie sind Diakonin in der Krankenhausseelsorge – wie kam es dazu?
Denkers: Vor meinem Studium habe ich auch darüber nachgedacht, Krankenschwester zu werden. Ich habe ein halbes Jahr als Praktikantin in der Pflege gearbeitet. Dabei habe ich gern mit Patientinnen und Patienten gesprochen – und sehr bald gemerkt, dass neben der anspruchsvollen pflegerischen Tätigkeit der Pflegenden wenig Zeit für Gespräche bleibt. Im Studium hat mich auf Grund dieser Erfahrung Seelsorge sehr interessiert, die Seminare bei Helga Lemke waren ertragreich für mich.
Dede: Was genau muss man sich unter Ihren Aufgaben in diesem Berufsfeld vorstellen?
Denkers: Die seelsorgliche Begleitung von Patient*innen und deren Angehörige ist meine primäre Aufgabe. Krankenhausseelsorge meint alle, die im Krankenhaus sind, eben auch dort arbeiten. Ich bin bei Bedarf auch Seelsorgerin für Mitarbeitende. Ich gestalte regelmäßig sonntägliche Gottesdienste. Das Gestalten von Ritualen an den Übergängen im Leben liegt mir am Herzen: Nottaufen, Aussegnungen, Gebete, Segen und Krankenabendmahl.
Außerhalb der Bürozeiten beteilige ich mich an einer stadtweiten Rufbereitschaft für Krisensituationen in den Kliniken. Die Rufbereitschaft halten wir 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche vor. Ich arbeite bei Fortbildungsangeboten in der Klinik mit. In Fachweiterbildungen für Pflegende gestalte ich Einheiten zum Thema „Kommunikation mit sterbenden Menschen und deren Angehörige“.
Dede: Welche Felder der Seelsorge gibt es noch?
Denkers: Die Felder sind breit gefächert: In der Gemeindearbeit, im Krankenhaus, Kinderklinik, Psychiatrie, Alten- und Pflegeheimen, Rehabilitationszentren, Gefängnis, Seemannsmission, Hospiz- und Palliativbereich, Telefonseelsorge, Chatseelsorge, Notfallseelsorge, Schwerhörigenseelsorge, gebärdensprachliche Seelsorge, HIV- und Aids-Seelsorge, Kurseelsorge. Und vielleicht habe ich noch nicht mal alle erfasst. Wer sich interessiert und stöbern möchte, kann das im Netz unter www.zentrum-seelsorge.de
Dede: Was ist Ihre Aufgabe und wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von anderen Feldern der Seelsorge?
Denkers: Meine Haltung und Rolle unterscheiden sich wenig von anderen Feldern in der Seelsorge, denke ich. Das besondere im Krankenhaus ist der komprimierte Schwerpunkt:
Die Auseinandersetzung mit schwerer Verletzung, Krankheit oder dem nahen Sterben sowie den Verlust eines Menschen.
Es geht um die Bewältigung einer Krankheit und die damit einhergehenden Beschwerden und Einschränkungen, bei chronischen Krankheiten auch die Auseinandersetzung damit, dass es so bleibt.
Sterbende Menschen zu begleiten, heißt für mich, in der Ambivalenz zwischen dem verständlichen Verdrängen und der Auseinandersetzung mit dem nahen Tod als Gegenüber zur Verfügung zu stehen – für die Betroffenen und für ihre Zugehörigen.
Verlust, Trauer und Schmerz sind zentrale Themen in der Seelsorge. Auch der Blick auf das Leben, den Sinn, die Freude, Enttäuschung und Erfüllung, die jemand erlebt, erfahren hat. Das braucht Resonanz von meiner Seite, um diese Erfahrungen zu würdigen.
Bei dem Verlust eines Menschen durch einen Unfall oder auch durch einen Suizid gehört es zu meinen Aufgaben den ersten Schock mit aufzufangen.
Bei unserer 24-Stunden-Rufbereitschaft sind meist Kriseninterventionen angefordert.
Die Frage nach dem „Warum?“, nach dem Sinn im Leben, in der Krankheit, im Sterben begegnet mir immer wieder. Ebenso der Wunsch, mit jemand zu sprechen der nicht zum medizinischen Behandler-Team gehört und Zeit mitbringt. Verbunden damit geht es nicht selten um Krisen, die sich in diesem Zusammenhang zeigen oder sogar zuspitzen: Konflikte in der Familie, berufliche Probleme, Sorge um das tägliche Auskommen, wie geht es weiter, wenn die körperlichen Möglichkeiten eingeschränkt bleiben werden.
Ja, ich denke der Unterschied meiner seelsorglichen Aufgaben im Gegenüber zu anderen Feldern ist, dass ich jeden Tag komprimiert mit Menschen über diese Erfahrungen spreche, bei ihnen bin, mit aushalte, mich mit ihnen auf die Suche nach begehbaren Wegen mache. Und natürlich gibt es die seelsorglichen Momente, in denen ich mich mit den Betroffenen über Fortschritte, eine gelungene Operation, Heilung und der Entlassung aus dem Krankenhaus freuen kann.