epd: Gibt es Konflikte?
Hinrichs: Klar, die Leute sind sich ja nicht immer alle grün. Dann geht es darum, wie das zu lösen ist: Streit unter Freunden beispielsweise, die sich auf dem Schiff neu begegnen. Man kann sich an Bord ja nicht verstecken mit seiner Persönlichkeit, du kannst dir nicht aus dem Weg gehen. Und es geht um ganz praktische Fragen: Wer macht hier viel, wer verpieselt sich häufiger? Wer spielt in der Gruppe die erste Geige, wer die zweite? Und gibt es da Konkurrenzkämpfe? Das Spannende daran ist, dass die Jugendlichen in der Schule teilweise seit Jahren zusammen sind, mit festen Rollen. Wir mischen die Gruppen aus verschiedenen Orten, so dass die jungen Leute, die ohnehin auf der Suche sind, die Chance haben, sich noch mal anders zu präsentieren, andere Wesenzüge zur Geltung kommen zu lassen. Raus aus der Schublade - das ist für einige Teilnehmer eine persönliche Aufbruchzeit. Die merken: Ich muss nicht so sein, wie ich bisher gewesen bin. Ich hab noch ganz andere Möglichkeiten.
epd: Hat die Flotte Nachahmer gefunden?
Hinrichs: Die Idee hat tatsächlich Kreise gezogen. Zwei Jahre später haben die Stader die Flotte aufgegriffen und sind mittlerweile mit mehr als 200 Jugendlichen aus der ganzen Stadt unterwegs. Dann gibt es Gruppen aus der Bremischen Evangelischen Kirche, aus der Region Burgdorf bei Hannover, aus Braunschweig und jetzt zuletzt aus Bremerhaven.
epd: Warum hat sich das so multipliziert, was ist das Erfolgsrezept?
Hinrichs: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass ein verschulter Konfirmanden-Unterricht der Vergangenheit angehört. Wir müssen im Leben miteinander glauben lernen. Es geht nicht darum, Inhalte in die Köpfe zu bekommen - die dürfen natürlich auch eine Rolle spielen. Wir müssen miteinander leben, feiern, Erlebnisse teilen, die überhaupt zu einer christlichen Gemeinschaft führen - in der der Spaß nicht zu kurz kommt, in der aber auch der eine Verantwortung für den anderen übernimmt.
Wir haben mit der Flotte eine Unterrichtsform etabliert, die die Lebenswelt der Jugendlichen aufnimmt. Und sie ist gleichzeitig der Nährboden für einen wachsenden christlichen Glauben. Bei uns jedenfalls ist das Modell erfolgreich. Für den Konfirmanden-Unterricht melden sich regelmäßig mehr Jugendliche an, als angeschrieben werden. Die Anmeldequoten sind konstant hoch - auch wenn die Zahl der Flottenteilnehmer in diesem Jahr aus demografischen Gründen zurückgegangen ist.